

Milchmädchen Wie eine Kuh im Garten alles verändert
Wenn Gemma etwas zur Genüge hat, dann sind es Probleme. Ihr Vater sitzt hinter Gittern, ihre Mutter ist überfordert und hat nie Zeit und ihr kleiner Bruder könnte nicht schlimmer nerven. Dann ist da noch die gehässige Sian, die gerne für Stress an der Schule sorgt – vor allem bei der Außenseiterin Kate, von allen bloß „Cowgirl“ genannt. Mehr zufällig und unfreiwillig als gewollt, freunden Gemma und Kate sich an. Gemeinsam wollen sie zwölf Kühe verstecken, um sie vor dem Ende in einem Schlachthof zu bewahren. Und wo ginge das besser, als in einer heruntergekommenen walisischen Wohnsiedlung? Die kurzerhand entführten Kühe verändern dort nicht nur die Nachbarschaft, sondern auch Gemma selbst.
Gemma und Kate
Die 13-jährige Gemma hat es nicht leicht. Seit ihr Vater im Gefängnis sitzt, muss ihre Mutter hart arbeiten und dennoch ist das Geld knapp. Ihr Bruder petzt und schleimt, was das Zeug hält und Feindseligkeiten prägen den Schulalltag. Bei dem ganzen Chaos in Gemmas Leben sind die Momente, in denen sie mit dem Rad unterwegs ist, die einzigen, in denen sie abschalten kann. Dann ist sie frei. Mit Karacho rast Gemma einen Hügel hinunter, bis ihr jede Menge Kühe den Weg versperren. Sie bremst wie besessen, gerät ins Schlingern und wird beim Versuch, den Kühen auszuweichen, vom Rad geschleudert – mitten in die Kuh-Herde hinein. Gemma hasst Kühe. Die Kühe gehören Kate, einer Mitschülerin, die alle an der Schule nur „Cowgirl“ nennen. Kates Mutter versorgt Gemmas Verletzung am Bein und als Gemma ein wenig später ihrer Oma Lilly von dem Vorfall berichtet, will diese das Cowgirl kennenlernen. Schließlich hat sie selbst einmal in jungen Jahren auf einem Bauernhof gearbeitet. Oma beschließt, dass Gemma Kate zwei Tage später zum Mittagessen mitbringen soll. Wie peinlich! Was werden die anderen aus der Schule sagen, wenn sie zusammen mit dem Cowgirl loszieht? Von da an laufen sich die beiden außerhalb der Schule öfter über den Weg und werden eher widerwillig zu Freundinnen. Kate erzählt Gemma von den Schulden, die ihr Vater hat. Er muss ihre Kühe an einen Großbauern verkaufen, der sie letzten Endes schlachten lassen wird. Da steht fest, dass die beiden Mädchen die zwölf muhenden, dicken Kühe retten müssen. Gemeinsam mit Oma Lilly entwickeln sie einen schönen schrägen Plan, der vielleicht so halbwegs klappen könnte.

Eine Kuh in der Bryn Mawr
Sie wollen die Kühe in der Wohnsiedlung, in der Gemma und Lilly leben, verstecken. Wer käme schon auf die Idee, hier nach einer Kuh zu suchen? Dabei gibt es eindeutig schönere Orte auf der Welt, als die Bryn-Mawr-Siedlung – und wohl auch geeignetere, um Kühe zu verstecken. Ein zugemüllter Park verbindet den alten mit dem neuen Teil der Siedlung. Die Straßenecken und Gehwege sind übersät mit kaputten Möbel und anderem Müll; Graffiti ziert die Hausmauern. Weil die Kriminalität in der Gegend stetig zunimmt, traut sich mancher Bewohner kaum noch vor die Tür, vor allem nicht alleine. Allen Hinderungsgründen zum Trotz, nimmt Lilly Kates Lieblingskuh auf, Jane. Die Nachbarschaft vermutet, nun hätte Lilly vollkommen den Verstand verloren. Doch Gemmas Oma lässt sich nicht davon abbringen. Unterstützung bekommt sie von ihrem indischen Nachbarn Mr. Banerjee. Der ist überzeugt, dass Jane Frieden bringen wird. Mit der Adoption von Jane ist bei Lilly immer was los. Die Nachbarn holen sich bei ihr selbstgemachten Käse ab oder helfen, Jane zu füttern. Auch der verrückte Morris und der mürrische Roger machen mit. Oma Lilly hat jedenfalls so viel Spaß wie lange nicht mehr. Es kommen sogar manche vorbei, um sich Kuhdung als Dünger abzuholen oder einfach nur, um mal eine echte Kuh zu sehen. Auf dem Hof von Kates Eltern bleibt Janes Fehlen natürlich nicht unbemerkt. Möglichst schnell will Kates Vater die anderen Kühe loswerden, woraufhin Gemma und Kate auch die restlichen elf Kühe in der Siedlung unterbringen. Voller Begeisterung stellen sich viele Bryn-Mawr-Bewohner als Kuh-Paten zur Verfügung. Selbstverständlich nimmt Mr. Banerjee eine auf und ebenso will Roger eine übernehmen. Schnell haben die Kühe ihren Namen als das „Bryn Mawr-Dutzend“ weg. Aber wie lange wird die ganze Sache gut gehen? Und kann es das überhaupt?
Mu(h)t zur Veränderung
Fest steht, dass die stoisch vor sich hin kauenden Kühe eine Reihe von Ereignissen auslösen, in Folge derer die Bewohner der Bryn Mawr über sich hinauswachsen. Nur ein paar von der Schule kommen mit den Veränderungen nicht klar. Auf irgendetwas sind sie wütend und sie wollen weiter streiten, als ob ihr Leben davon abhinge. Gemma kennt das Gefühl nur zu gut. Bevor die Kühe kamen, hatte sie es auch. Doch inzwischen hat sich einiges verändert. Diese Veränderungen und das Aufblühen der Siedlung können nicht lange geheim gehalten werden. Immer häufiger schnüffeln Reporter in der Bryn Mawr herum und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Kühe gefunden werden. Gemma sucht nach anderen Möglichkeiten, um die Tiere zu retten und ist damit voll auf beschäftigt. Ausgerechnet jetzt bekommt ihr Vater Hafturlaub und soll für ein Wochenende nach Hause kommen. Dabei laufen die Besuche bei ihm schon nicht sonderlich gut und die Kühe brauchen jetzt alle Hilfe, die sie kriegen können.
Liebenswert, nachdenklich und ...
„Milchmädchen“ ist eine außergewöhnliche Geschichte über Zusammenhalt und Freundschaft – und eben mit ganz vielen Kühen. Allem voran stehen die Protagonistinnen Gemma und Kate. Beide sind sehr gelungen charakterisiert und könnten unterschiedlicher nicht sein. Gemma ist ein Gefühlsmensch und oft aufbrausend. Sie trägt ihr Herz auf der Zunge, aber auch am rechten Fleck. Der Hauch kindliche Naivität, den ihr der Autor G. R. Gemin verleiht, macht sie zu einer authentischen 13-Jährigen und als Leser kann man die Probleme, mit denen sie konfrontiert wird, gut nachvollziehen. Nebenbei verfolgt man Gemmas Entwicklung von einer eher oberflächlicheren Mitläuferin zu jemandem, der seine eigene Sicht der Dinge entwickelt. Durch diese Veränderung wird Gemma offener, schließt neue Freundschaften und hat wieder mehr Freude. Kate wirkt nach außen hin sehr tough. Sie ist selbstsicher, gelassen und nimmt es auch mal mit Jungs auf. Sie ist kein Mädchen vieler Worte, sondern der Tat. Als Einzelgängerin hält Kate sich eher verschlossen und gesteht es sich ungern ein, dass auch sie Unterstützung braucht. In vielen Dingen ist Kate abgeklärter als Gemma. Immer wieder gerät sie mit ihrem Vater aneinander und hat so auch ihr Päckchen zu tragen. Die Freundschaft der beiden Mädchen entsteht zwar aus einer Zweckgemeinschaft heraus, tut aber beiden letzten Endes gut. Allein mit der Kombination von Gemma und Kate überzeugt Gemin. Doch durch Gemmas selbstbewusste Oma und den einen oder anderen verschrobenen Bryn-Mawr-Bewohner wird die Geschichte noch liebenswerter. Zudem gelingt es Gemin richtig gut, Aufmerksamkeit auf eine Tierart zu lenken, die sonst keine bekommt und einfach für selbstverständlich gehalten wird: Kühe. Ganz nebenbei und auf sanfte, warmherzige Art vergrößert der Autor mit seiner Geschichte das Bewusstsein für diese Tiere. Dabei bewertet er nicht, sondern regt dazu an, die Einstellung ihnen gegenüber zu überdenken. Als Begleiterscheinung nach dem Lesen tritt eventuell der Wunsch auf, selbst eine Kuh haben zu wollen.
… mit einer märchenhaften Message
Gemins Schreibstil kann man sich eigentlich kaum entziehen. Wäre aber auch nicht ratsam. Denn er schreibt eindringlich und packt viel Inhalt in seine Geschichte, ohne dafür viele Worte zu brauchen. Die Sätze und Kapitel sind kurz gehalten und in klarer Ausdrucksweise. Wohl gerade deshalb berührt „Milchmädchen“ das Herz – und nicht nur das der jüngeren Zielgruppe. Faszinierend ist darüber hinaus die Leichtigkeit, mit der Gemin gleich mehrere wichtige Themen anspricht. Es geht um Mobbing, um Vorurteile, Kriminalität und Naturbewusstsein. Dabei ist die Geschichte an keiner Stelle überladen. Stattdessen verbindet er alles zu einer berührenden, vorbehaltlosen und humorvollen Story. Gemin lässt die Leser an seinem liebevoll-nachdenklichen Blick auf manche Dinge teilhaben. So überlegt man beim Lesen glatt, wie gut man seine Nachbarn eigentlich kennt. Vielleicht wird einem bewusst, dass Freunde sich manchmal in Personen finden, von denen man es gar nicht vermutet hätte oder man erinnert sich daran, dass das, wofür man sich einsetzt, manchmal Hartnäckigkeit erfordert. Etwas, das klein anfängt kann Großes bewirken und man hat die Dinge öfter selbst in der Hand, als gedacht. Die Geschichte an sich ist eher ein modernes Märchen und muss daher nicht zwingend realitätsnah sein. Wer beim Lesen überlegt, wie machbar es ist, ein Dutzend Kühe in einer Wohnsiedlung versteckt zu halten, würde den Milchmädchen-Zauber verpassen. Durchaus realistisch ist aber die Entwicklung, die eine Jugendliche durchlebt, welche Ängste und Sorgen das Leben in einem sozial schwachem Umfeld mit sich bringen und dass es ein Netzwerk braucht, um Probleme zu lösen, die man nicht allein lösen kann. Das macht aus „Milchmädchen“ eine schöne Geschichte mit viel Herz und einer deutlichen Message.
Dolce Vita in London
Giancarlo R. Gemin wurde in Cardiff (Wales) geboren. Heute lebt er in London und wenn er nicht gerade schreibt, hört Gemin gerne Musik aus den verschiedensten Genres. „Milchmädchen“ ist Gemins Debütroman, das schon mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde. In seinem zweiten Roman "Café Morelli" steckt genauso viel Herz und Tiefgang – und ganz viel Dolce Vita.

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