Veränderungen sind gefährlich! Das zumindest denkt Kimi Koala. Als „König Bewegungslos“ hat er noch nie seinen Eukalyptusbaum verlassen, aus Sorge, jede Veränderung könne Gefahr [...]

Die große Wörterfabrik
Welche Wörter würdest du benutzen, wenn du sie kaufen müsstest?
In einem Land, weit weg von hier, reden die Menschen kaum ein Wort miteinander. Dort müssen Wörter erst gekauft und geschluckt werden und dann kann man sie aussprechen. In diesem Land lebt Paul. Paul braucht unbedingt Wörter, damit er Marie sagen kann, wie sehr er sie mag. Doch dafür bräuchte er schon fast einen Schatz und so sucht er einen Ausdruck für seine Zuneigung, in einer Welt, in der das nicht so einfach geht.
Pauls Wörter
Das sonderbare Land, in dem die Menschen fast gar nicht reden, ist das Land der großen Wörterfabrik. Beinahe düster thront diese Fabrik über all den Häusern und produziert am laufenden Band die unterschiedlichsten Wörter. In vielen kleinen Geschäften können die Menschen die Wörter kaufen und sie aussprechen, nachdem sie sie geschluckt haben. Allerdings ist das sehr teuer, deswegen wird in diesem Land nicht viel gesprochen.
Manche Wörter sind besonders wertvoll, nur die reichen Leute können sie benutzen. Die Armen hingegen, müssen manchmal sogar die Mülltonnen an den Straßen durchsuchen, doch dort sind meist nur wertlose Wörter zu finden. Einmal im Jahr gibt es einen großen Schlussverkauf, bei dem man Wörter zum Sonderpreis bekommt. Dann schleppen die Menschen taschenweise günstige Wörter nach Hause, die sie aber nicht unbedingt gebrauchen können. Es gibt auch Tage, an denen Wörter durch die Luft fliegen. An diesen Tagen laufen die Kinder mit Schmetterlingsnetzen durch die Gegend, um sie einzufangen und abends voller Stolz vor den Eltern auszusprechen.
Auch Paul sind heute Wörter ins Netz gegangen. Er könnte sie natürlich gleich sagen, aber er will seinen Fang lieber aufbewahren, für einen ganz besonderen Menschen und einen ganz besonderen Moment.
Maries Geschenk
Dieser besondere Mensch ist Marie. Eigentlich würde Paul ihr gerne sagen, dass er sie sehr lieb hat, nur reicht sein Geld dafür nicht und morgen ist Maries Geburtstag. Kann er bis dahin ein passendes Wort finden, um es ihr zu schenken?
Am nächsten Tag geht Paul zu Marie. Wie gerne er sie doch begrüßen würde! Aber er hat kein „Hallo“ und deswegen lächelt er sie einfach an. Marie lächelt zurück. Ausgerechnet in diesem schönen, stillen Moment muss Oskar auftauchen. Oskar ist Pauls Konkurrent und weil seine Eltern reich sind, hat er auch noch jede Menge Wörter. Er fängt an, zu Marie zu sprechen, allerdings ohne ein Lächeln. Oskar posaunt geradezu große, gewichtige Wörter vor sich her und strotzt dabei nur so vor Selbstbewusstsein. „Was das wohl gekostet haben muss?“, überlegt Paul. Er schämt sich ein wenig für seine kleinen gefangenen Wörter.
Ob Marie sich überhaupt darüber freuen wird? Zudem ist da noch dieses eine Wort, das Paul vor langer Zeit einmal in einem Mülleimer zwischen lauter wertlosem Zeug gefunden hat. Es mag nicht besonders sein oder vielleicht ist sein Wert auch nicht gleich zu erkennen, dennoch schätzt Paul das Wort von Herzen und hat sich auch dieses extra aufgehoben…
Poesie in Wort und Farbe
„Die große Wörterfabrik“ ist eine anrührende Geschichte, die auf poetische Weise den Wert der Sprache und der Liebe hervorhebt. Die Welt, die Agnés de Lestrade da entworfen hat, ist einzigartig und ganz entgegengesetzt zu unserem Leben, das von abgekürzten Messenger-Nachrichten, „Denglisch“ und Werbegeplapper durchsetzt ist. Wohl gerade deswegen wirkt das Buch dadurch, dass es ohne viele Worte auskommt. Die Sätze sind einfach gehalten, bestehen manchmal nur aus zwei, drei Wörtern. Das ist angenehm ruhig, hinterlässt Eindruck und stimmt nachdenklich.
Genauso wirkungsvoll wie die mit Bedacht formulierten Sätze sind die Illustrationen von Valeria Docampo. Ihre Bilder sind in Sepia- und Rottönen gehalten und mögen anfangs etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen, vielleicht sogar ein wenig düster in ihrer Ausstrahlung. Dahinter steckt ein klug gewähltes Farbkonzept: Das Braun oder Sepia wirkt drückend und dunkel; es betont die wortkarge Tristesse und die Sehnsucht nach Trost oder Geborgenheit. In diesen Tönen ist die Wörterfabrik gehalten sowie die reichen Menschen, die voll bepackt mit Wörter-Tüten und der Gabel im Anschlag arrogant und argwöhnisch durch die Straßen stolzieren. Dagegen ist das warme Rot belebend und dynamisch. Es ist die Farbe der Freude und Liebe. So fängt Paul seine Wörter in einem rot-gestreiften Netz und Marie sieht in ihrem Kirschroten Kleid hinreißend aus.
Sowohl der Text als auch die Zeichnungen sind auf ihre Weise liebevoll, klar und einfach. Dieses Zusammenspiel schafft eine Atmosphäre im Buch, welche uns die Sprache wertschätzen lässt. Die Botschaft dahinter erinnert uns daran, dass kleine Gesten mitunter wertvoller sind als viele Worte.
Das Gefühl hinter den Buchstaben
Empfohlen wird das Buch ab 3 Jahren. Für Kinder mag das Thema Freundschaft im Vordergrund stehen und es eignet es sich als Vorlesebuch sowie als Buch für Erstleser. Doch die sanfte, emotionale Art des Buches spricht auch Erwachsene an. Für sie hält es Vielschichtigkeit und einen philosophischen Beigeschmack bereit. Es lässt die Gedanken fliegen, wie die Wörter im Wind, bis sie da landen, wo man die Kostbarkeit von etwas erkennt, das sonst als selbstverständlich angesehen wird.
Die Geschichte der Wörterfabrik macht Groß und Klein bewusst, wie wertvoll es ist, sich austauschen zu können – nicht nur durch das Wort allein, sondern auch durch Gestik und Mimik. Sprache ist mächtig und umfangreich, manche Worte sind überflüssig, andere besonders und lösen Gefühle aus. Manchmal ist ein einzelnes Wort bedeutungsvoller, als viel Gerede und dann gibt es Momente, in denen es gar keiner Worte bedarf. Das Wichtigste ist aber: Der Beweggrund macht die Wörter schön. Denn auch die größten Wörter nutzen nichts, wenn sie ohne Gefühl daherkommen.
Denkt man beim Lesen an die Menschen, mit denen man sich versteht, auch ohne ein Wort zu wechseln, macht das dankbar. Vielleicht stellt sich die Frage: Wer ist meine „Marie“ und wie möchte ich dieser Person sagen oder zeigen, was sie mir bedeutet?
„Wer liebt, kann zaubern“
Die gebürtige Schweizerin Agnés de Lestrade lernte schon früh das Geschichtenerzählen lieben. Ihre Großmutter erzählte ihr einst gerne die Geschichte von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Mit der Arbeit als Kinderbuchautorin ging für de Lestrade ein Lebenstraum in Erfüllung. Ihr Debüt kam 2003 mit „Der liebste Wolf der Welt“ heraus. Seitdem verfasst sie Kinderbücher, die begeistern. Ihre Spezialität sind dabei leicht gruselige Geschichten mit einem guten Ende. Nebenbei betreut de Lestrade Schreibwerkstätten, entwirft Gesellschaftsspiele, schreibt Kinderlieder und arbeitet als Journalistin für die französische Zeitung „Créamania“. 2010 erhielt sie für „Die große Wörterfabrik“ einen französischen Kinderliteraturpreis. De Lestrade lebt mit ihrer Familie in Gironde.
Die Illustratorin Valeria Docampo stammt aus Buenos Aires und erwarb dort auch ihr Diplom in visueller Kommunikation und Grafikdesign. Das Illustrieren von Kinderbüchern hat sie 2003 für sich entdeckt. Inzwischen gibt es mit den Motiven, die Docampo für ihre Bilderbücher entworfen hat, auch zauberhafte Postkarten. Bei ihrer Arbeit lässt sich Docampo vom Alltag inspirieren.
„Die Zeit“ schrieb in ihrem Fazit über „Die große Wörterfabrik“: „Wer liebt, kann zaubern“, und das muss stimmen, denn de Lestrade und Docampo stecken eindeutig Liebe in ihre Bücher. Wir lassen uns dann gerne von ihnen verzaubern, vor allem bei einer so ungewöhnlichen und ergreifenden Liebeserklärung wie: „Kirsche, Staub, Stuhl“.
Fakten zum Buch
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